Der Duft meiner Kindheit — La Grande Bellezza
[by Asisa] Meine Kindheit glich einem Bertolucci Film. Ich verbrachte ganze Sommer an den Pools der erlesensten Hotels in Rom und atmete mittags an einem schattigen Plätzchen den Duft von Pinienwäldern. Meine schöne Mutter wurde Tag um Tag von meinem Vater mit Geschenken überdeckt. Wir durchstreiften wochenlang die Straßen der ewigen Stadt, aßen in den besten Restaurants und kauften die wahnsinnigsten Kleider. Wir waren konstant von betörender Schönheit umgeben und fühlten uns glücklich. Als Baby wurde ich mit frisch pürierten Lammkoteletts und Auberginen groß, trug Kinderunterwäsche von Petit Bateau und mein Vater las mir jeden Wunsch von den Augen ab. Voller Zärtlichkeit. Still und mit einem Lächeln.
Später lief ich neben meinen Eltern durch die Sommertage der ewigen Stadt, ruhte auf der kühlen Baumwolle im goldenen Schatten der römischen Siesta und erwachte mit einem Lächeln der Vorfreude auf einen langen Abend mit Spaghetti alle Vongole, flambierten Cognac und Lorbeer Hühnchen und Macedonia. Egal wo wir waren oder was wir taten. Über allem hing immer der schwüle und süße Duft voller Verheißungen auf all das, was dieses atemberaubende Leben noch für mich bereithalten würde.
Diese Zeit trug einen Duft, der mit ihrer Schönheit tief in mir veschmolz. Ich habe diesen Duft niemals vergessen. Meine Sehnsucht danach wurde mit jedem Jahr, das diese Zeit weiter in die Vergangenheit rückte so immens, dass ich irgendwann ein neues Wort für Sehnsucht brauchte. Unzählige Male habe ich versucht diesen Duft in Worte zu fassen, ihn zu finden. Erfolglos. Aber wie sollte etwas Banales wie Wörter den Duft der römischen Götter auch erfassen können.
Als ich später Patrick Süßkinds ‚Parfum‘ las, setzte mein Herz ein paar Takte aus über die Verzückung der Beschreibungen des Jean-Baptiste Grenouille — wie er die Welt über seine Geruchssinn in sich aufnahm. Der Film hat den Stoff für mich sogar noch übertroffen. All diese kleinen Fläschchen im Geschäft seines Mentors Giuseppe Baldini — am liebsten wäre ich in diese Szenen hineingesprungen und Grenouille von Rom erzählt, auf dass er mir endlich den Duft mischt, nach dem ich mich so sehr sehnte.
Endgültig außer mir war ich 2013, als ‚La Grande Bellezza‘ in die Kinos kam. Ein Film, den man mehrmals sehen muss, um ihn erfassen zu können. Ein Film, der von genau diesem Hedonismus erzählt — davon, wie Rom damals war — und über die maßlose Enttäuschung darüber, dass all diese Schönheit für immer der Vergangenheit angehört.
Und dann, letzte Woche, passierte das Unfassbare. Ich spazierte durch die Utrechtsestraat, als plötzlich dieser Duft an mir vorbeihuschte. Ich schrie. Vor mir eine Frau, die sich mit einem Ruck umdrehte und mich mit großen Augen anblickte.
„Was ist das? Was ist das für ein Duft? Entschuldigen Sie bitte, aber WAS IST DAS FÜR EIN DUFT? Ich muss das wissen! Das kommt von Ihnen!“
„Du lieber Himmel! Ja, das kommt von mir!“ Sie war schockiert, aber das war mir egal. Ich konnte fast nicht mehr atmen. Sie stellte ihr Fahrrad ab, schüttelte mit dem Kopf und lachte. „Das ist wirklich verrückt. Ich komme gerade von einem Treffen mit ein paar Freundinnen, denen ich den Duft vorgestellt habe. Die fanden den auch toll.„
Toll?
Ich notierte den Namen, dankte ihr tausendmal und rauschte ohne Umwege zu dem auf besondere Düfte spezialisierten Parfumhändler der Stadt. Ich gab ein paar Tropfen auf mein Handgelenk und roch nichts. „Das ist normal“ sagte die Verkäuferin. „Der Duft entwickelt sich erst nach einer Weile auf der Haut.“ Ich zahlte, ging und dann, nach einigen Minuten geschah es. Mein Parfum zog in meine Nase, zu mir nach innen, in mich hinein, wurde meins, bei mir, ganz ganz nah bei mir und blieb da. Das Ende einer großen Sehnsucht. Die Rückkehr einer unfassbar schönen Zeit, die seither und fortan immer bei mir ist. Una bellezza grandissima, blutschön.
8 Comments
Schööööön!
Aaaaaaah DANKE Luuk! :-)))) Je maakt me blij.
Het is fijn lezen. Je denkt als lezer aan Süßkind en hopla, de schrijfster van het stukje begint er ook over. Alsof je op je wenken wordt bediend! 🙂
„Alsof je op je wenken wordt bediend!“ means what please, dear Luuk?
Meteen doen wat gevraagd wordt. Uitdrukking is denk ik afkomstig uit de horeca. Je wenkt de ober en krijgt een drankje; je wordt op je wenken bediend. En ‚wenken‘ is dan een armgebaar. Snappie?
Jaaaaaa, snappie! 🙂
Ich sterbe vor Neugier!! Wie heisst der Duft???? Sag schon?
Molecule 01
Eau de Toilette
by Geza Schön, Escentric Molecules